Das erste Synodalblatt der Auslandskirche „Cerkovnye Vedomosti“
Autor: Andrej Fastovskiy
Die Zeitschrift „Cerkovnye Vedomosti“ [zu dt.: Kirchliche Nachrichten], die zwischen 1922 und 1930 erschien, war das erste gedruckte Organ der ROKA. Sie wird von Kirchenhistorikern seit langem als einzigartige Quelle für die Geschichte der Kirche im Ausland geschätzt und zieht noch immer die Aufmerksamkeit der wissenschaftlichen Gemeinschaft auf sich. Dies zeigt sich unter anderem in einer neuen Monographie, die der russische Historiker Archimandrit Nikodim (Khmyrov) zur Gänze der Zeitschrift gewidmet hat.[1]
Auf den Seiten der „Vedomosti“ ist die Entstehung der Struktur unserer Kirche außerhalb des atheistischen Sowjetstaates festgehalten. Schließlich wurde die erste Ausgabe vom März 1922 noch unter der „Obersten Russischen Kirchenverwaltung im Ausland“ veröffentlicht, während die Zeitschrift ab September 1922 bereits unter dem „Provisorischen Bischofssynod der Russischen Orthodoxen Kirche im Ausland“ und ab Juni 1923 dann unter dem „Bischofssynod der Russischen Orthodoxen Kirche im Ausland" erscheint, die bis heute besteht.
Im Gegensatz zu anderen, vielleicht berühmteren Zeitschriften des russischen Auslands, sind die „Vedomosti“ die einzige kirchliche Zeitschrift, die „mit-emigriert“ ist. Tatsächlich erscheint bereits 1888 unter dem Heiligen Synod unter diesem Namen ein vergleichbares Blatt. Die bolschewistische Willkür setzte 1918 der Verlagstätigkeit der Patriarchatskirche ein jähes Ende. Doch schuf die Russische Kirche rechtzeitig Mechanismen zur Erhaltung der kanonischen Kirchenverwaltung. So ermächtigte das Lokalkonzil 1918 in Erwartung seiner Auflösung durch die Bolschewiken seine Mitglieder, die Konzilsarbeit im Rahmen von „kleineren“ Konzilen und Versammlungen weiterzuführen. Infolgedessen wurden zwei solcher Konzile in Gebieten außerhalb des damaligen Einflussbereichs der Sowjets abgehalten: das Konzil von Tomsk in Sibirien (1918) und das Konzil von Stavropol (1919) im Südosten des Landes. Mit der Geschichte des letztgenannten beginnt de facto die Geschichte der ROKA. In Stavropol riefen die Mitglieder des Konzils eine Provisorische Oberste Kirchenverwaltung ins Leben, die bald darauf auf die Krim, dann nach Konstantinopel evakuiert wurde (1920) und schließlich im Reich der Serben, Kroaten und Slowenen Aufnahme fand (1921). Bereits auf der ersten Seite der ersten Ausgabe des Jahres 1922 weist die Redaktion der „Vedomosti“ aus Sremski Karlovci auf diese Kontinuität hin:
Die Provisorische Oberste Kirchenverwaltung im Südosten Russlands nahm 1920 auf der Krim die Herausgabe des Kirchenorgans „Kirchliche Nachrichten" wieder auf, welches dem Allrussischen Heiligen Synod unterstellt war. Angesichts der sich entwickelnden politischen Ereignisse und der Räumung der Krim musste dieses Organ jedoch eingestellt werden. In der Sorge um die Herstellung einer lebendigen und geregelten Verbindung zwischen der Obersten Kirchenbehörde im Ausland und den Hirten der Kirchen und der Herde im Ausland, hat es die Oberste russische Kirchenverwaltung im Ausland für gut befunden, die Herausgabe der Zeitschrift „Kirchliche Nachrichten" im Ausland wieder aufzunehmen.[2]
Während der gesamten neun Jahre des Bestehens der Zeitschrift wurde die Redaktion von Ekzakustodian Ivanovich Makharoblidze geleitet. Mit seiner Entlassung als Chefredakteur im Jahr 1930 hörte die Zeitschrift auf zu existieren. Dennoch war E.I. Makharoblidze bis zu seinem Tod im Jahr 1960 weiter im Verlagswesen zum Nutzen der Kirche tätig. Insbesondere war er es, der 1951 die Redaktion der Diözesanzeitschrift "Kirchliche Nachrichten der Orthodoxen Kirche in Deutschland" leitete, deren Name auf dieselbe Kontinuität verweist.
❝ In vielerlei Hinsicht haben die vor 100 Jahren veröffentlichten Materialien ihre Aktualität bis heute nicht eingebüßt.
In der Tradition der synodalen „Vedomosti“ war die erste Zeitschrift des Synods der ROKA in zwei Teile gegliedert – einen offiziellen und einen inoffiziellen. Der inoffizielle Teil enthielt Artikel von prominenten Hierarchen und Laientheologen, Berichte über die Gräueltaten an Kirche und Volk im Land der Sowjets und vieles mehr, was die Atmosphäre des Emigrantendaseins widerspiegelte – von verschiedenartigen Appellen „an das russische Volk im Exil" mit der Bitte um Spenden für den Bau einer Kirche, deren Gemeinde damals oft unter der Armutsgrenze lebte, bis hin zu bußfertigen und herzergreifenden Gedichten.
In vielerlei Hinsicht haben die vor 100 Jahren veröffentlichten Materialien ihre Aktualität bis heute nicht eingebüßt. Deshalb hat die Redaktion des Boten der deutschen Diözese beschlossen, ihre Leser mit Veröffentlichungen von vor 100 Jahren vertraut zu machen. So enthielt die letzte Ausgabe des Boten für das Jahr 2023 die Weihnachtsbotschaft von Metropolit Antonij (Khrapovitcky) aus dem Jahr 1923 an die Herde im Exil, während in dieser Ausgabe „Die Klage des russischen Volkes“ von Metropolit Anastasij (Gribanovskij) aus dem Jahr 1924 abgedruckt wird.
In diesem Artikel werden wir versuchen, anhand der Materialien des Synodalblattes zu zeigen, warum es gerade im Jahr 1924 zu einem Bruch in den Beziehungen mit dem Ökumenischen Patriarchat kam, einem Bruch, der in gewissem Maße nie ganz geheilt wurde, und nunmehr durch das schismatische Vorgehen des Ökumenischen Patriarchats in der Ukraine gegenüber der Russischen und der Ukrainischen Kirche auf das Äußerste verschärft worden ist.[3]
Zur Geschichte der Beziehungen zwischen der ROKA und dem Patriarchat von Konstantinopel
Was ist im Jahr 1924 geschehen, wodurch das Vertrauen der russischen Emigration in das Patriarchat von Konstantinopel unwiderruflich untergraben wurde? Diese Frage stellt sich umso mehr, wenn man bedenkt, dass sich in den Jahren zuvor bereits etliche politische Intrigen angehäuft hatten, die mit denen der Phanar sich ins Leben der verfolgten Russischen Kirche einmischte. Dennoch hielt sich der Synod der Russischen Auslandskirche bis 1924 mit scharfen Äußerungen gegen das Patriarchat von Konstantinopel zurück, das Aufflammen des innerkirchlichen Konflikts vermeidend, zu dem die Politik des Phanar unweigerlich führte. Versuchen wir, den Verlauf einiger Schlüsselereignisse zu rekonstruieren.
Athos
Die revolutionären Ereignisse und die politische Schwäche des darniedergeworfenen Russlands nutzend, untersagte die „Heilige Verwaltung des Berges Athos“ im Jahr 1919 „von nun an und bis zum Ende der Russischen Revolution“ den russischen Emigranten die Einreise auf den Berg Athos. Vergeblich baten die ausländischen Hierarchen das Patriarchat von Konstantinopel, dem gequälten russischen Volk den Trost eines Besuchs auf dem Heiligen Berg nicht vorzuenthalten. An das Gewissen derjenigen appellierend, die hinter dieser Entscheidung auf dem Phanar standen, erinnerten die Väter des ersten All-Diaspora-Konzils von 1921 daran, dass „die Spenden an die athonitischen Klöster, nicht nur russische, sondern auch griechische, hauptsächlich aus Russland kamen“ und versuchten, dieses Verbot als ein schreckliches Missverständnis darzustellen:
Die russischen Flüchtlinge, die den Heiligen Berg besuchen wollen, sind keine Mitwirkenden der Revolution, sondern – im Gegenteil – ihre Opfer. Die Revolutionäre und Bolschewiken haben unter dem oben erwähnten Dekret nicht gelitten, aber es fällt mit seinem ganzen Gewicht auf die armen, aber treuen Glieder der Kirche Christi. Werden etwa die älteren Brüder in Christus, d.h. die höchste Obrigkeit des Ökumenischen Patriarchats und des Athonitischen Rates, den bolschewistischen Schlägen auf die wehrlosen russischen Christen ihre eigenen hinzufügen und sie der Möglichkeit berauben, die wundertätigen Heiligtümer des Berges Athos zu verehren?[4]
❝ Hinter dem Verbot stand das Kalkül, den russischen Einfluss auf dem Athos zu schmälern.
Ein Missverständnis lag natürlich nicht vor. Hinter dem Verbot stand das Kalkül, den russischen Einfluss auf dem Athos zu schmälern. Längst offenbar hatten die „älteren Brüder in Christus" ein Auge auf die zahlreichen russischen Besitztümer auf dem Berg Athos geworfen, deren Aneignung nun möglich schien. Vorausblickend sei gesagt, dass bereits Mitte der 20er Jahre die reale Gefahr bestand, das wichtigste russische Heiligtum auf dem Berg Athos – das Kloster des Heiligen Großmärtyrers Panteleimon – zu verlieren. So veröffentlichte das Synodalblatt im Jahr 1926 Archivdokumente, die als „unwiderlegbarer Beweis [...] dafür dienen sollten, dass das Kloster des Heiligen Panteleimon seit 1169 den russischen Mönchen gehört und immer noch als ihr unveräußerliches Eigentum gilt“.[5] Andere ausländische Zeitungen waren weniger diplomatisch:
Es scheint, dass es keine Abscheulichkeit, keine Gemeinheit gibt, die sich als christlich bezeichnende Völker, nicht zu begehen bereit sind, wenn es um materielle Vorteile geht, schrieb die Zeitung „Vozrozhdenie" im Jahr 1926. Jetzt ist klar, dass die Athosklöster, das Erbgut der Jungfrau Maria, nur deshalb nicht früher ausgeraubt und zerstört wurden, weil es vor 1917 russische Gewehre gab, die dies nicht zugelassen hätten.[6]
Da die Phanarioten in jenen Jahren keine gewaltsame Inbesitznahme durchführen wollten, blieben sie bei ihrer Politik, die Ankunft von Russen auf den Berg Athos zu verhindern. Und vor den Augen der Zeitgenossen begann der russische Athos buchstäblich auszusterben. Von einst vielen Tausenden von Mönchen, die aus dem Russischen Reich kamen, leben in den 40er Jahren nur noch etwa 180 Mönche auf dem Athos, und das sind v.a. Ältere. In der zweiten Hälfte des Jahrhunderts gibt es praktisch keine mehr. Die majestätischen Skiten des Heiligen Andreas und des Heiligen Elias – letztere wurde wesentlich später, im Jahr 1992, dann doch gewaltsam in Besitz genommen – gingen schließlich in den Besitz der Griechen über, in deren Händen sie sich bis heute befinden.
Diaspora
Am 1. März 1922 erklärte sich die Synode des Patriarchats von Konstantinopel offiziell zum obersten Sachwalter der Geschicke der gesamten sogenannten orthodoxen Diaspora. Von nun an, so der Phanar, müssen sich alle orthodoxen Christen, die außerhalb ihrer historischen orthodoxen Heimatländer leben, zur Lösung aller administrativ–kirchlichen Fragen ausschließlich an ihn wenden. Entwickelt wurde diese Idee ganz im Anfang des 20. Jahrhunderts in den Büros von Theoretikern des Kanonischen Rechts. Inwieweit der Beginn ihrer Durchsetzung zu eben diesem Zeitpunkt einen pastoralen Bezug zur eigenen griechisch-sprachigen Herde hatte, oder inwieweit sie bedingt war durch die Benutzung der Griechen im Sinne geopolitischer Zielsetzungen der Entente nach Abschluss des 1. Weltkriegs – mit den Hauptakteuren in London – bleibt offen. Der Exodus der Griechen aus dem ehemaligen byzantinischen Reich (die sog. Kleinasiatische Katastrophe) fand Ende 1922 statt. Wahrscheinlich ist, dass die Jurisdiktionsansprüche, die die gesamte Diaspora ins Auge fassten, tiefere Wurzeln und weiter gehende Ziele hatten, so dass die Zusammenhänge sowohl mit der Russischen Revolution, als auch mit dem Griechisch-Türkischen Krieg ein Thema für weitere Studien sind.
Wie dem sei, als erster Schritt in diese Richtung wurde am 24. März 1922 die sogenannte „Metropolie von Thyateira und Exarchat von West- und Mitteleuropa“ mit Sitz in London gegründet.
❝ Mithin sollten alle Pfarreien aus der Russischen Kirche ausgegliedert werden, einschließlich der Zarenkirchen, die seit Jahrhunderten unter der Jurisdiktion der Russischen Kirche standen.
Der Leser ahnt schon, dass mit der Bildung einer Parallelstruktur zur bereits existierenden russischen westeuropäischen Diözese seitens des Phanar Anschuldigungen der Nicht-Kanonizität der russischen Auslandskirchenstrukturen folgen müssen. Nach der Logik des Phanar hatte der westeuropäische Metropolit Evlogij (Georgijevski) die orthodoxen Kirchen in Europa nur provisorisch regieren dürfen – nun war er eben durch das „legitime“ griechische Oberhaupt von praktisch „ganz Europa“ ersetzt worden. Die Bildung der Metropolie von Thyateira bedeutete die Schaffung einer einheitlichen Struktur unter dem Omophorion des Ökumenischen Patriarchats in Westeuropa. Mithin sollten alle Pfarreien aus der Russischen Kirche ausgegliedert werden, einschließlich der Zarenkirchen, die seit Jahrhunderten unter der Jurisdiktion der Russischen Kirche standen.
Wie reagierte der Synod der ROKA auf diese unerhörte Anmaßung? Wer außer ihm war schließlich dafür verantwortlich, die Gemeinden im Schoß der Russischen Kirche zu erhalten, die auf grausame Weise von der Synodalkirche, welche sie hervorgebracht hatte, abgeschnitten worden waren? Obwohl von einer Unterordnung der russischen Gemeinden unter den neugeschaffenen Herrscher Europas natürlich keine Rede sein konnte, unterließ es der Synod der ROKA zunächst die Bestrebungen der Phanarioten als eine noch nie dagewesene Neuerung zu verurteilen, vielmehr hüllte er sich in Schweigen. Angesichts fehlender Gegenwehr, sorgte der Metropolit der von den Landkarten längst verschwundenen kleinasiatischen Stadt Thyateira, Germanos (Strinopoulos), für Zwietracht unter den russischen Gemeinden, indem er sich kühn als neuer „rechtmäßiger" Herrscher präsentierte. Schon bald erreichten den Synod der ROKA Briefe von alarmierten russischen Geistlichen. So schrieb beispielsweise Erzpriester N. Popov aus Kopenhagen und bat um Klärung, wie mit dem Metropoliten von Thyateira zu verfahren sei, denn dieser „stiftet bei den Russisch-Orthodoxen in London, wo sich seine ständige Wohnung befindet, und auch bei uns in Kopenhagen, wo er bereits zweimal zu Besuch war, [...] nicht wenig Verwirrung“.[7] Natürlich konnten solche Briefe nicht unbeantwortet bleiben. Erzpriester Popov wurde erklärt, dass die russischen Kirchen dem Metropoliten Evlogij und durch ihn dem Allrussischen Patriarchen Tichon unterstellt seien. Die Antwort an den Priester wurde in den „Vedomosti“ veröffentlicht und eine Kopie an das Patriarchat von Konstantinopel gesandt. Kritik an den Handlungen des Phanar war hier jedoch allenfalls zwischen den Zeilen zu erkennen. Die einschlägige Frage des Erzpriesters, ob die Ernennung von Metropolit Germanos überhaupt „kanonisch rechtens“ sei, ließ der Synod unbeantwortet.
❝ Vorerst sei darauf hingewiesen, dass die russischen Hierarchen zu Beginn der 1920er Jahre allem Anschein nach noch aufrichtig an das Wohlwollen der „älteren Brüder in Christus“ glaubten.
Über den Hauptgrund für die Zurückhaltung, mit Konstantinopel in Konflikt zu treten, wird später noch zu sprechen sein. Vorerst sei darauf hingewiesen, dass die russischen Hierarchen zu Beginn der 1920er Jahre allem Anschein nach noch aufrichtig an das Wohlwollen der „älteren Brüder in Christus“ glaubten, die ja den emigrierten Teil der Russischen Kirche zu Beginn von dessen Auslandsdasein bei der Organisation der kirchlichen Angelegenheiten noch unterstützt hatten. Die Kirche von Konstantinopel wurde von Zarenzeit her gewöhnlich als Helferin wahrgenommen, und der Ersthierarch der Auslandskirche, Metropolit Antonij (Khrapovickij), war als grekophil bekannt und machte keinerlei Hehl aus seiner Bewunderung für die Kirche, die den slawischen Völkern die heilige Orthodoxie gebracht hatte. Als beispielsweise die türkische Regierung nach dem von den Griechen verlorenen Griechisch-Türkischen Krieg (1919–1922) beschloss, den Patriarchen Meletij (Metaxakis) von Konstantinopel des Landes zu verweisen, setzte sich das Oberhaupt der ROKA, Metropolit Antonij, entschieden für ihn ein. In seinem – bereits nach den oben beschriebenen Ereignissen verfassten – Brief an den Präsidenten der Lausanner Konferenz verteidigte Metropolit Antonij im Namen des Auslandssynods den Vorrang Konstantinopels vor anderen Bischofssitzen:
Sie ist nicht nur eine von vielen kirchlichen Provinzen, schrieb er, sondern wird als ein unabdingbares Element der Fülle der Orthodoxen Kirche betrachtet, als eine Instanz, die nicht nur mit ihrer Diözese, sondern mit der gesamten Orthodoxen Kirche in der ganzen Oikumene verbunden ist, weshalb sie seit dem fünften Jahrhundert als Kathedra des Ökumenischen Patriarchen bezeichnet wird.[8]
Darüber hinaus war Metropolit Antonij sogar bereit, dem Patriarchen von Konstantinopel das höchste Appellationsrecht zuzugestehen (wenn auch, im Sinne der Kanones, nur in Bezug auf die Bischöfe), um nur seinem Amtskollegen zu helfen:
Es ist besonders wichtig, fuhr er fort, dass er allein das Recht hat, Appellationen von Bischöfen entgegenzunehmen, die mit der Entscheidung lokaler Konzilien unzufrieden sind (IV, 17). In diesem letzten Sinne ist der Patriarch von Konstantinopel der oberste Richter für die orthodoxen Christen aller Länder, und die Abschaffung oder Erniedrigung dieses Apostolischen Stuhls wäre eine tiefe Beleidigung und Niederlage für die gesamte Orthodoxe Kirche.[9]
Ist es daher verwunderlich, dass dieser „Ökumenische Patriarch“ und „Oberste Richter aller Christen“ im selben Jahr 1923 ungehindert daran geht, eine weitere Paralleljurisdiktion zu einer seit langem bestehenden russischen Diözese zu schaffen, diesmal in Nordamerika, welches von der Russischen Kirche missioniert wurde, vor allem aber mit denselben monopolistischen Ansprüchen? Auch dem gegenüber wird der Synod der ROKA wieder schweigen.
Heute betonen Vertreter des Patriarchats von Konstantinopel bei interorthodoxen Treffen immer wieder, dass der jurisdiktionelle Parallelismus in der Diaspora im Widerspruch zur orthodoxen Ekklesiologie steht und so schnell wie möglich überwunden werden muss. Es irrt sich jedoch, wer glaubt, solchen Aussagen wohne ein bußfertiger Charakter derjeniger, die den ekklesiologischen Parallelismus im 20. Jahrhundert überhaupt erst ins Leben gerufen haben. Im Gegenteil, die Überlegenheit und Willkür des „Ökumenischen Stuhls“ gegenüber anderen Kirchen hat in unseren Tagen ein nie dagewesenes Ausmaß erreicht.
Separatismus
Die Geschichte lehrt, dass der Untergang eines jeden multinationalen Imperiums unweigerlich mit dem Aufkommen zentrifugaler ethnopolitischer Kräfte einhergeht. Ein solches Schicksal ereilte auch das Russische Reich. Die Stärke der Kirche liegt in ihrer Einheit, die durch die kanonische und konziliare Gewährung kirchlicher Autonomie an die dafür reifen Nationalkirchen nur gestärkt wird. So wächst die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche.
Ein gänzlich anderes Phänomen bildet der kirchliche Separatismus, der in der Regel mit nationalem Parteigeist und dem Versuch verbunden ist, die Autorität der Kirche für weltliche Zwecke zu missbrauchen. Leider hat das Patriarchat von Konstantinopel im 20. Jahrhundert eine traurige Rolle bei der Förderung eines solchen Separatismus gespielt. In diesem Artikel fehlt der Platz, um ausführlich zu schildern, wie der Phanar sich gegenüber autokephalistischen Bestrebungen verhalten hat, sei es in Georgien, sei es in Polen, Finnland, Estland oder der Tschechoslowakei. All dies fand in den Jahren 1920-1923 des 20. Jahrhunderts statt. Das einzige größere separatistische Phänomen der frühen 20er Jahre, dem Konstantinopel nicht die Türen in die damalige Kirchengemeinschaft geöffnet hat, war der ukrainische Autokephalismus. Heute, 100 Jahre später, kann man mit Sicherheit sagen, dass der Grund dafür ein rein politischer, nicht ein theologischer war, nämlich das Fehlen einer weitreichenden Unterstützung der Autokephalen Bewegung seitens der ukrainischen Behörden zu jener Zeit. Es ist kaum anzunehmen, dass die Briefe, die Patriarch Tichon nach Konstantinopel schrieb und in denen er erklärte, wer Vasilij Lipkovskij ist und woher dieser Selbstgeweihte [samosvjat] seine vermeintliche bischöfliche Würde nahm[10], von ausschlaggebender Bedeutung waren. Bekanntlich hat den Phanar nichts davon abgehalten, jene Organisation im Jahr 2018 in die kirchliche Gemeinschaft aufzunehmen, in der Herr Lipkovskij bereits als „Heiliger“ verehrt wurde.
❝ Bekanntlich hat den Phanar nichts davon abgehalten, jene Organisation im Jahr 2018 in die kirchliche Gemeinschaft aufzunehmen, in der Herr Lipkovskij bereits als „Heiliger“ verehrt wurde.
Zurück zum Hauptthema unseres Artikels mit der Frage, wie die Führung der ROKA auf die großzügige Unterstützung Konstantinopels für die kirchlichen Gruppen reagierte, die sich mit Hilfe neuentstandener staatlicher Strukturen eigenmächtig aus der Russischen Kirche lösten. Hierzu herrscht auf den Seiten der „Vedomosti“ (zunächst) ein sonderbares Schweigen zu diesem Thema. Dabei wurde die Lage immer bedrückender.
In Polen zum Beispiel wurden Hierarchen, die gegen die Autokephalie waren, in Klöster gesperrt oder von der Regierung des Landes verwiesen. Es sei darauf hingewiesen, dass die polnische Autokephalie mit Hilfe von Erzbischof Georgij (Jarushevskij) geschaffen wurde, der einst Mitglied der Kirchenverwaltung im Ausland gewesen war, von ihr aus Serbien nach Bari (Italien) entsandt wurde, sich dann aber auf das polnische Experiment einließ und Italien in Richtung Warschau verließ, wodurch er die Gemeinschaft mit seinen Mithierarchen brach. Bald darauf erschienen in der polnischen Kirchenpresse scharfe Angriffe gegen den Auslandssynod. Erst dann wurde in den „Vedomosti" ein Kommentar veröffentlicht, der zugleich auf die Gründe für das Schweigen der Zeitschrift einging. Die Redaktion schrieb:
Wir haben uns nicht auf eine Polemik mit der polnischen Metropolie eingelassen und haben sie und die kirchlichen Angelegenheiten in Polen in unserer Zeitschrift nicht angesprochen. [...] Wir wollten keine Polemik. Wir wollen sie auch in Zukunft nicht und werden sie auch künftig nicht betreiben. Unsere Zeitschrift ist ein rein offizielles Organ, das gelegentlich Artikel mit rein kanonischem und kirchlich-religiösem Charakter veröffentlicht, ohne Debatte und ohne Groll.[11]
Freilich kam es auf den Seiten der „Vedomosti“ auch zu Polemik. Sie konzentrierte sich jedoch auf die Anprangerung der sog. "Lebendigen Kirche" und der „Erneuerer“, die versuchten, die kirchliche Macht in Russland an sich zu reißen.
Gleichwohl fand die Zeitschrift ein deutliches Wort in Bezug auf das Vorgehen der neu gegründeten polnischen Ortskirche: „Terror, Gewalt, Gefängnisse zum Wohlgefallen der polnischen Regierung, zum Schaden der wahren Orthodoxie und zur eigenen Verherrlichung“[12], so lautete die Schlussfolgerung auf den Seiten der „Vedomosti“. Kein einziges Wort jedoch über den Platz Konstantinopels in der polnischen Intrige.
Aus weiteren Veröffentlichungen kann man schließen, dass das offizielle Organ der ROKA sein Bestes tat, um die Handlungen von Konstantinopel in ein positives Licht zu rücken, und ihm Absichten zuzuschreiben, die wahrscheinlich schon damals naiv geklungen haben müssen. So hieß es in Bezug auf die polnische Autokephalie: „Das Ökumenische Patriarchat hat seine Entscheidung über die Polnische Orthodoxe Kirche vollständig von der Entscheidung des Allrussischen Patriarchen abhängig gemacht“[13], während Patriarch Tichon der polnischen Autokephalie bekanntlich keinen Segen erteilt hatte aufgrund der Tatsache, dass die Herde ihrer Gläubigen ausschließlich aus Russen, Ukrainern und Weißrussen bestand.
In der Zwischenzeit untermauerte das polnische Kirchenministerium die Gründung einer neuen Nationalkirche mit einer Argumentation, die den meisten Lesern aus heutiger Zeit bekannt klingen wird:
Die polnische Regierung kann nicht zulassen, dass die orthodoxe Kirche in Polen vom Ausland aus regiert wird. Unter diesem Gesichtspunkt ist die Frage der Autokephalie eine politische Frage... Die Abhängigkeit der orthodoxen Kirche in Polen von der Autorität des Moskauer Patriarchen ist gleichbedeutend mit ihrer Unterwerfung unter den Einfluss der russischen Regierung, was die polnische Regierung nicht zulassen kann.[14]
Zulassen konnte das Konstantinopel ebensowenig, aus welchen Gründen auch immer. Die ROKA aber hielt sich zurück. Und manchmal rechtfertigte sie sogar die Vorgehensweise der „älteren Brüder in Christus“. So berichteten die „Vedomosti“ in Bezug auf die Einrichtung einer Paralleljurisdiktion in der Tschechoslowakei durch Konstantinopel nicht als ginge es um eine Alltagserscheinung, sondern rechtfertigten diese auch kanonisch mit Blick auf die 131. Regel [bzw. 117 – Red.] des Konzils von Karthago, „wonach die Stämme, die von der Kirche abgefallen sind und sich ihr dann wieder angeschlossen haben (in diesem Fall die Karpathorussen [gemeint sind die Unierten – A.F.]), jenem Hierarchischen Stuhl unterstellt sein sollen, dem sie vor ihrem Abfall angehörten.“[15]
❝ Zugegeben, es gibt im Kirchenrecht weder den Terminus noch angemessene Strafe für Expropriation. Vielleicht war für die Kirchenväter ein solcher Frevel einfach nicht vorstellbar?
Seinen Höhepunkt erreichte der Vorstoß des Phanar 1923 in Bezug auf die Finnische Kirche, der Patriarch Tichon 1921 die Autonomie gewährt hatte. Wie in ähnlichen, oben beschriebenen Fällen wandten sich die neuen finnischen Behörden an den Phanar, um sich von Russland zu distanzieren und ihre nationalen Strukturen zu stärken, nachdem sie zuvor einen verwitweten Priester, Herman Aav, einen ethnischen Finnen, als Kandidaten für den Bischofsstuhl der geplanten, von der Russischen Kirche unabhängigen neuen Finnischen Kirche auserkoren hatten. Nach dem, was dann geschah, scheint Patriarch Meletios zu diesem Zeitpunkt jegliche Scheu verloren zu haben, die kirchliche Landschaft nach eigenen Maßgaben umzugestalten. Am 6. Juli 1923 „bestätigte“ er die Autonomie der Finnischen Kirche, die ihr von Patriarch Tichon gewährt worden war, innerhalb (!) des Patriarchats von Konstantinopel und löste sie damit aus der Russischen Kirche heraus. Zugegeben, es gibt im Kirchenrecht weder den Terminus noch angemessene Strafe für Expropriation. Vielleicht war für die Kirchenväter ein solcher Frevel einfach nicht vorstellbar?
Die Geschichte mit der Finnischen Kirche wurde publik nach dem berühmt-berüchtigten „Panorthodoxen Kongress“ (Mai/Juni 1923), auf den weiter unten eingegangen wird, und infolge dessen sich die Beziehungen zwischen ROKA und Konstantinopel spürbar abkühlten. In den „Vedomosti“ fielen die Urteile in dieser Angelegenheit um einiges härter aus:
Das Ökumenische Patriarchat hat ohne jegliche Verständigung mit dem Allrussischen Patriarchen, in dessen Jurisdiktion sich die orthodoxe Kirche in Finnland befindet, die maßgebliche Führung der Kirche auf sich genommen, der finnischen orthodoxen Kirche eine weitgehende Autonomie eingeräumt und beschlossen, den Priester Aav zum Bischof von Karelien zu weihen, was auch bereits geschehen ist.[16]
Allerdings kann nicht behauptet werden, dass die Handlungen des Phanar damals vom Auslandssynod als solche verurteilt worden wären. Und wo ist überhaupt jene Instanz, die das Recht hat, über den „Obersten Richter aller Christen“ zu urteilen?
Reformismus
Von allen Initiativen des Phanar in den 1920er Jahren erlangte der sogenannte „Panorthodoxe Kongress“ die größte und traurigste Bekanntheit. Obwohl die Orthodoxen Kirchen die meisten der auf der Versammlung diskutierten Neuerungen ablehnten, spaltete der von ihm in Gang gesetzte Prozess der Reform des orthodoxen Kalenders die orthodoxe Welt. Und er spaltet sie bekanntlich bis heute.
Zwei Bischöfe aus der ROKA nahmen als Beobachter am Kongress teil – Metropolit Anastasij (Gribanovskij) und Erzbischof Alexander (Nemolovskij). Patriarch Meletios (Metaxakis), der während aller Sitzungen auf seinem Thron saß, schlug unter anderem vor, Fasten und Gottesdienste zu reduzieren, einen verheirateten Episkopat einzuführen, Zweitehen für Geistliche zu erlauben und Konstantinopel endlich den Besitz der gesamten Diaspora zuzusichern. Am Ende verließ Metropolit Anastasij die Sitzung aus Protest einfach vorzeitig.
Warum aber fuhr der „Weiseste“ unter den Bischöfen – so nannten ihn seine Mithierarchen [vgl. Bote 2/2023 S. 9-23 – Red.] – überhaupt zu einer Versammlung, wo Fragen erörtert werden sollten, die a priori in die Kategorie antikanonischer Neuerungen fielen? Warum hat er, anstatt Alarm zu schlagen und Patriarch Meletios als Reformer, Zerstörer der kirchlichen Einheit und Eindringling in ganze Territorien der Russischen Kirche anzuprangern, zugestimmt, an dem von Meletios selbst initiierten Treffen unter dessen Vorsitz teilzunehmen, während die Kirchen von Alexandrien, Antiochien und Jerusalem, sobald sie von der Tagesordnung des Treffens erfahren hatten, sich weigerten, auch nur Vertreter dorthin zu entsenden? Wendet sich nicht eine solche Zusammenarbeit gegen die auslandsrussische Hierarchie selbst, der man vorwerfen könnte, dass sie Konstantinopel in seinen invasiven Bestrebungen, wenn nicht unterstützt, so doch zumindest nicht bekämpft hat?
Zu diesem Thema sagt ein zeitgenössischer Historiker:
Man sollte nicht vorschnell verurteilen und anprangern – die ausländischen Hierarchen glaubten in jenen Jahren aufrichtig, dass sie mit ihrem Handeln der Kirche im Vaterland helfen würden. Der Preis für die stillschweigende Duldung der Forderungen des Phanar durch die Russische Orthodoxe Kirche im Ausland waren die Proteste von Patriarch Meletios gegen die Verhaftung des Heiligen Tichon und die Verfolgung der Kirche in Russland. Ein solches Memorandum wurde von Patriarch Meletios am 5. Mai 1922 herausgegeben. Das Dokument verurteilte das verbrecherische kommunistische Regime und rief die Ortskirchen auf, auf ihre Regierungen einzuwirken, um die bolschewistische Verfolgung, diese „Schande unseres Jahrhunderts“, zu verhindern.[17]
Es gab in der Tat Gründe für die Annahme, dass Konstantinopel mit der verfolgten Russischen Kirche sympathisierte und sie im Kampf gegen die Erneuerer unterstützen würde. So setzte sich im April 1923 der Synod der Kirche von Konstantinopel für den von Erneuerern-Schismatikern „angeklagten“ Patriarchen Tichon ein, „weil die ganze Orthodoxie (hapasa i orthodoxia) den Patriarchen von Moskau und ganz Russland als Bekenner (homologitin) betrachtet“, worüber siegreich, sogar mit Zitaten aus dem griechischen Original, auf der Titelseite der „Vedomosti“ berichtet wurde.[18] Wenig später berichtete dieselbe Zeitschrift mit Genugtuung, dass die Gerüchte, das Patriarchat von Konstantinopel würde doch gegen Patriarch Tichon intrigieren und den sowjetischen Vertretern in Konstantinopel nachgeben, unbegründet und vom Patriarchat selbst offiziell widerlegt worden seien.[19]
❝ Sie weigerten sich zu glauben, dass die „älteren Brüder in Christus“ aus materiellen Gründen mit Halsabschneidern und Verfolgern der Kirche kooperieren könnten.
Und so begab sich der weiseste Anastasij zum Orthodoxen Kongress mit dem einzigen Ziel, die Teilnehmer dazu zu bewegen, ihre Stimme zur Verteidigung der verfolgten Russischen Kirche zu erheben. Und tatsächlich – der Weiseste erreichte sein Ziel. Der Kongress verabschiedete einen Aufruf an die gesamte christliche Welt, in der die Erneuerer verurteilt und dazu aufgerufen wurde, „Patriarch Tichon und seine verbündeten Hierarchen und andere Kleriker aus ihren Fesseln zu befreien“, was später der Versammlung positiv angerechnet und wiederum in den „Vedomosti“ publiziert wurde.[20] Der Synod der ROKA nahm indessen eine abwartende Haltung gegenüber den reformistischen Resolutionen des Kongresses ein und schickte die umstrittenen Beschlüsse zur Begutachtung an Spezialisten. So erschienen im Synodalblatt der ROKA Artikel kanonischen und theologischen Charakters, die die Fehlerhaftigkeit der Kalenderreform aufzeigten und auf die Unzulässigkeit der Wiederverheiratung von Geistlichen hinwiesen, auch vom dogmatischen Standpunkt aus.
Mit anderen Worten: Die ausländischen Hierarchen erkauften sich die Unterstützung des Ökumenischen Patriarchats für die verfolgte Russische Kirche zu einem relativ niedrigen Preis des Schweigens bezüglich der Politik des Phanar, in dem aufrichtigen Glauben, dass der gottesverachtende Wahnsinn nicht nur nicht ewig, sondern nicht einmal für lange Zeit anhalten kann. Bald wird sich das orthodoxe Russland erheben, und dann wird die Russische Kirche, unbezwungen von inneren Unruhen, eine würdige konziliare Antwort auf bisher unerhörte Herausforderungen geben.
Heute ist es zuweilen schwer, die Hoffnungen der Emigranten der ersten Welle nachzuvollziehen. Zum Jahreswechsel 1924 schrieb der Chefredakteur des Synodalblattes:
Das siebte Neujahr nach der Revolution wird von einem erniedrigten, zerstörten, zerrissenen, zersplitterten Russland begrüßt – dem orthodoxen Russland, einst mächtig, groß. [...] Aber wir begegnen diesem siebten Neujahr mit bestimmten festen Hoffnungen. Zu Beginn dieses neuen Jahres verspüren wir besondere Symptome, die uns sagen und überzeugen, dass unsere Hoffnungen nunmehr nicht enttäuscht werden. Dass dieses Jahr das letzte Jahr ist, das Ende der Qualen und des Leids der Menschen in Russland und hier in der Emigration. Wir wollen glauben und darauf vertrauen, dass der Kelch der Prüfungen, den der Allmächtige über Russland herabgesandt hat, bis zum Ende ausgetrunken ist und dass das kommende Jahr „ein günstiges Jahr des Herrn“ sein wird.[21]
Hätte man diesen Leuten damals gesagt, dass die Gefangenschaft Russlands nicht 7, sondern 70 Jahre dauern würde, und dass dieses „Erbe“ auch 100 Jahre später, also in unseren Tagen, nicht verschwinden würde – sie hätten es nicht geglaubt. Ebenso weigerten sie sich zu glauben, dass die „älteren Brüder in Christus“ aus materiellen Gründen mit Halsabschneidern und Verfolgern der Kirche kooperieren könnten. Wie wir heute wissen[22], ist es aber genau das, woran der Vertreter des Phanar im Lande der Sowjets bereits jahrelang arbeitete.
Erneuerer
Wie bereits erwähnt, konnte selbst der unglückselige „Panorthodoxe Kongress“ von 1923 die Beziehungen zwischen ROKA und Konstantinopel nicht endgültig ruinieren. Patriarch Meletios bezahlte für sein modernistisches Abenteuer bald mit seinem Thron. Nachdem mehrere hundert orthodoxe Griechen das Gebäude des Patriarchats buchstäblich gestürmt hatten und den Ökumenischen am Bart packten, ihn herumzerrten und schlugen und dabei lauthals seinen Rücktritt forderten – „Nieder mit Meletios!“[23] – hielt es der Synod der Kirche von Konstantinopel für angebracht, Patriarch Meletios in den Ruhestand zu versetzen.
Nach dem Abgang von Patriarch Meletios machte die Emigrantenpresse vor allem ihn für die Neuerungen in der Kirche von Konstantinopel verantwortlich. Metropolit Antonij (Khrapovitskij) erklärte die Situation mit Meletios' Wunsch, der Anglikanischen Kirche gefallen zu wollen, während selbst diese – so der Metropolit – entsetzt war über die Abkehr des Ökumenischen Patriarchen von der orthodoxen Tradition.[24] Wie dem auch sei, der Sturm schien vorbeigezogen zu sein. Der Ersthierarch der ROKA versicherte sich und seiner Herde, dass der zur Ablösung des Meletios gekommene neue „'Patriarch der Oikumene' Gregorios VII. [(Zervoudakis) – A.F.] eine streng konservative Einstellung hat und [...] es den Erneuerern vor Ort nicht mehr gestatten werde, über die Verzerrung unserer Kirchenregeln herumzuphantasieren.“[25] Und in seinem Brief zur Inthronisation von Patriarch Gregorios schrieb Metropolit Antonij:
Gott sei Dank! In unserer Zeit des Zusammenbruchs aller Autoritäten in der ganzen Welt und besonders in Russland ist es besonders unerlässlich, dass auf der Kanzel des heiligen Johannes Chrysostomus ein standhafter Hüter der Orthodoxie sitzt, frei von schändlichem Chauvinismus, vielmehr aber von universellem Eifer für die Kirche erfüllt und darüber hinaus die hohen Eigenschaften der Erstgeborenen der Kirche, d.h. der hellenischen Nation, in sich trägt, die von alters her in den Augen aller Christen groß war, nicht nur durch die Vortrefflichkeit ihrer Talente, sondern auch durch ihre weitreichende Verbundenheit mit allen orthodoxen Stämmen, zu denen sie Prediger der Orthodoxie und heilige Bücher in der Muttersprache aller Völker sandte, angefangen bei den Slawen, Georgiern, Syrern und sogar Äthiopiern.
Der mit hochtrabenden Adjektiven überhäufte Patriarch regierte etwas weniger als ein Jahr. In dieser Zeit gelang es ihm, 1) den neuen Stil in der Kirche durchzusetzen, 2) öffentlich zu erklären, dass er nur die von der Sowjetregierung anerkannte Kirche in Russland (d.h. die Erneuerer dort) unterstütze, 3) dem heiligen Patriarchen Tichon "brüderlich" zum Rücktritt zu raten (Mai 1924), zugunsten der schismatischen Erneuerer, 4) danach seine Beziehungen zur Patriarchatskirche in Russland abzubrechen und die Gemeinschaft mit dem Synod der Erneuerer aufzunehmen (Sommer 1924), 5) eine Delegation zum zweiten Pseudo-„Lokalkonzil" der Erneuerer zu schicken und 6) von anderen Ortskirchen die Anerkennung des Erneuerungssynods zu verlangen. Und in Bezug auf die ROKA, die sich mit den kirchlichen Wirren in Russland nicht abfinden wollte, drängte der Patriarch, wohl „erfüllt von universellem Eifer für die Kirche", unter Androhung kanonischer Maßregelung Metropolit Anastasij und Erzbischof Alexander in Konstantinopel, 1) die Gemeinschaft mit dem Auslandssynod abzubrechen, 2) die Kommemoration von Patriarch Tichon in den Gottesdiensten einzustellen und 3) keine Anprangerungen der bolschewistischen Kirchenverfolgung in den Predigten von der Kanzel aus zuzulassen. Mehr noch, 1924 wurde zum ersten Mal von Vertretern des Phanar der Vorwurf der Nicht-Kanonizität gegenüber der gesamten ROKA erhoben.
Als integraler Teil der Allrussischen Kirche trug die ROKA schweres Leid am Schicksal ihrer Mutter, der Russischen Kirche, weshalb sie auch bereit war, Vielerlei zu tolerieren, nur um irgendwie die Ansätze einer künftigen Wiedergeburt der Kirche Christi in Russland aufrecht zu erhalten. Keinerlei Verrat wurde von den Auslandshierarchen im wortbrüchigen 20. Jahrhundert so streng beurteilt wie die inneren Wirren, die von den Erneuerern in den Jahren schlimmer Verfolgung hervorgerufen wurden. Als nun klar war, dass dieser neugekommene Bewahrer der Orthodoxie nicht etwa nur darauf verzichtet, die erneuerischen Bestimmungen seines Vorgängers aufzuheben, sondern sich sogar beeilt, den jüngeren Brüdern in Christus dadurch den Garaus zu machen, dass er das Erneuerer-Schisma zu legitimieren versucht, da war es mit der Geduld der Auslandsbischöfe vorbei.
Danach waren die Beziehungen zwischen den Kirchen nie wieder dieselben. „Treue mit Verrat vergolten“, resümierte die Redaktion der „Vedomosti“ lapidar und pointiert. „Das Ökumenische Patriarchat wird durch sein Verhalten seiner Geschichte schmählichste Kapitel hinzufügen“, prophezeite sie.[26] Und Metropolit Antonij, die griechischen Brüder aufrichtig liebend und zutiefst über sie enttäuscht, wird im Jahr 1925 dem Phanar seinen bewegenden „Schmerzensbrief“ übermitteln.
Wenn sich die „Vedomosti“ infolge ihres offiziellen Charakters - so weit als möglich – zurückhaltend und sachlich äußerten, so kann dasselbe von der übrigen Emigrantenpresse nicht gesagt werden. So drückte die Zeitung „Novoje Vremja“ in jenen Tagen auf dem Papier aus, was wohl in den Köpfen und Herzen vieler Emigranten brodelte:
Es ist schwer, sich etwas Abscheulicheres vorzustellen als diesen moralischen Fall, wie ihn das griechische Patriarchat vollzogen hat. Es ist die Tat des Judas, aber Judas war doch moralischer als solche Verräter, weil er seinen Verrat nicht ertragen konnte und sich erhängte. Dieser aber möchte glücklich leben und den Platz des Patriarchen Tichon einnehmen. Zumindest berichten die sowjetischen Zeitungen von der Möglichkeit eines solchen Ausgangs.[27]
Natürlich wünschten die Bischöfe im Ausland niemandem einen solch schändlichen Tod. Formal kam es damals nicht zu einem Schisma zwischen den Kirchen. Aber von diesem Zeitpunkt an war die Autorität Konstantinopels für den Auslandssynod in seinen Entscheidungen dahin.
Folgen
„Jede Wolke hat einen Silberstreifen“, besagt das Sprichwort. Die Tatsache, dass die ROKA aufgehört hat, die „älteren Brüder“ mit Ehrfurcht zu behandeln, hatte auch ihre positiven Seiten. Drei Momente seien hervorgehoben:
Zum einen wurde das so genannte bulgarische Schisma durch den ausländischen Teil der Russischen Kirche endgültig überwunden. Als die Bulgarische Kirche in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts sich vom Einfluss des Osmanischen Reiches zu befreien begann, setzte sich auch der Gedanke der Notwendigkeit einer kirchlichen Autonomie durch. Als die Autokephalie schließlich von den Bulgaren unilateral proklamiert wurde, wurde sie nicht nur von der einzigen „legitimen“ Kirche im Osmanischen Reich – dem Patriarchat von Konstantinopel – zurückgewiesen, sondern von Letzterem im Jahr 1872 sogar zu einem „neuen“ häretischen Phänomen erklärt – dem Ethnophyletismus, d.h. der Bevorzugung des bulgarischen Ethnos gegenüber der griechisch-ökumenischen Hierarchie. Der politische Hintergrund dieser Verurteilung war stets für alle klar. Aber aus Respekt Konstantinopel gegenüber verhielten sich die anderen Ortskirchen offiziell zurückhaltend zur bulgarischen Autokephalie. Bis 1924 lautete die Position der ROKA wie folgt: Die Kommunionsgemeinschaft mit bulgarischen Klerikern ist auf allen hierarchischen Ebenen möglich, mit Ausnahme der Bischöfe. Sobald der Synod der ROKA die Politik des Phanar in kirchlichen Angelegenheiten nicht mehr zu berücksichtigen brauchte, wurde die Frage der Anerkennung der bulgarischen Autokephalie sofort positiv gelöst. Dies geschah am 22. Oktober 1924.[28]
Zum anderen wurde Metropolit Anastasij (Gribanovskij) nach den Ereignissen von 1924 von seinem „diplomatischen“ Posten in Konstantinopel freigestellt und ging nach Jerusalem, wo er viel Gutes für die Kirche Christi tat. Nicht nur stärkte und entwickelte er das monastische Leben in der Geistlichen Mission im Heiligen Land, erwarb für sie neue Stätten und bewahrte sie so für künftige Generationen, sondern er setzte sich auch aktiv für die Bewahrung der apostolischen Sukzession in der Jerusalemer Kirche ein, indem er zusammen mit Patriarch Damian (Kasiotis) neue Bischöfe im Jerusalemer Patriarchat weihte, das in jenen Jahren durch eine Zeit großer Prüfungen ging.
Doch die wahrscheinlich wichtigste Konsequenz aus diesen Ereignissen war die Entwicklung einer kirchlichen Linie der deutlichen Anprangerung modernistischer Erscheinungsformen in der Weltorthodoxie durch die ROKA: Sie wurden als eine Manifestation desselben Zeitgeistes gewertet, der der Russischen Kirche in der Heimat so sehr zugesetzt hat. Aus heutiger Sicht steht außer Frage, dass die anklagende Stimme der ROKA – zum Beispiel in Bezug auf Ökumenismus, Sophiologie, Sergianismus, die Kalenderfrage oder die Abkehr von der kanonischen Norm – nicht nur eine „Stimme des Rufers in der Wüste“ war. Nicht zuletzt wurde sie auch von denjenigen gehört und ernst genommen, die in der „Erneuerung“ der Orthodoxen Kirche einen Gewinn für das Christentum sahen und deshalb die „störende“ Russische Auslandskirche mundtot machen wollten.
Fazit
Dieser Artikel wurde in den Tagen der schmerzlich auf Buße ausgerichteten Großen Fastenzeit geschrieben. Jeden Tag beteten wir mit den Worten unseres Trauer Tragenden Fürbitters, des hl. Ephraim des Syrers: „Herr, lass mich meine Sünden sehen und meinen Bruder nicht verurteilen.“ Wieviel Schuld tragen denn die Phanarioten an den verheerenden Nöten, die über die Russische Kirche gekommen sind? „Es muss Ärgernisse geben,“ (Mt 18:7) - lehrt der Heiland. Allerdings folgt auf diese Worte die Warnung des Richters: „Doch wehe dem Menschen, durch den das Ärgernis kommt“ (Mt 18:7). Und deshalb: Sind die Menschen, auf die diese Worte zutreffen, nicht zutiefst zu bedauern?
Die Gründung der so genannten „Orthodoxen Kirche der Ukraine“ durch Konstantinopel zum Gefallen weltlicher Machthaber und unter Missachtung aller denkbaren und undenkbaren Kanones der Orthodoxen Kirche kann niemanden überraschen, der mit der Geschichte der Kirche des 20. Jahrhunderts vertraut ist. Der Versuch der Phanarioten, das Schisma in der Ukraine zu legalisieren, kann streng genommen nicht einmal als „treulos“ bezeichnet werden. Eher kann man ihn leider als konsequente Weiterentwicklung eines politischen Programms bezeichnen, das in den letzten 100 Jahren unverändert geblieben ist. Muss man ein Prophet sein, um vorauszusagen, dass Lettland und Litauen (teilweise bereits geschehen), Weißrussland, Kasachstan und viele andere als nächste an der Reihe sind?
Mich persönlich erschreckt, wie Christus in Seiner Offenbarung zu einigen Kirchen spricht: Zu der Kirche von Sardes sagt Er: „Dem Namen nach lebst du, aber du bist tot“ (Offb 3:1). Und die „elende, erbärmliche, arme, blinde und nackte“ Kirche von Laodizea, die sich für „reich hält und wohlhabend”, die meint, dass ihr „nichts fehlt”, ist in Gefahr ganz und gar ausgespien zu werden „aus Seinem Mund”(Offb 3:16-17).
Aber auch an diese ergeht noch der Ruf, „Buße zu tun” (Offb 3:3.19). Und dann ist da noch die Kirche von Smyrna, die „die Krone des Lebens” erhalten wird, wenn sie nur „treu bleibt bis in den Tod” (Offb 2,10), und die Kirche von Philadelphia, die „das Gebot bewahrt hat, standhaft zu bleiben” und deshalb bewahrt werden wird in „der Stunde der Versuchung, die über das ganze Weltall kommen wird, um die Bewohner der Erde auf die Probe zu stellen” (Offb 3,10).
Und ich frage mich: Wo ist in diesem Zusammenhang mein Platz und der meiner Kirche?
Postscriptum
Eine mir im Geiste nahestehende Person, die den Artikel vor seiner Veröffentlichung gelesen hatte, übersandte mir einen Kommentar dazu. Ich gebe ihn hier wieder, in der Hoffnung, dass er zu einem konstruktiven Dialog beitragen kann.
„In den letzten Jahrzehnten ist der Phanar zur Geisel geworden, sowohl seines eigenen Strebens nach einstmaliger byzantinischer Macht als auch der westlichen Politik. Letztere versucht, das Ökumenische Patriarchat für ihre eigenen Zwecke der Beeinflussung der Orthodoxen Kirche zu missbrauchen. Der Phanar wird sich der westlichen Politik der Aufsplitterung der Orthodoxie kaum widersetzen können, da sich das Zentrum seiner Ortskirche de facto in Nordamerika befindet. Wenn er sein Beharren auf dem absoluten Primat in der Orthodoxie aufgibt, werden seine eigenen griechischen Phanarioten rasch mit einem solchen Patriarchen abrechnen. Und indem er den eigenen und fremden Machtspielen folgt, riskiert er seinen Geist und seine Heiligkeit zu verlieren (im russischen Märchen: "gehst du nach rechts, verlierst du dein Pferd, gehst du nach links, findet dich der Tod...”). Allerdings befindet sich auch die Gesamtorthodoxie in einem Dilemma: Verschließt sie die Augen vor den Taten des Phanar verschließt, lässt sie Unordnung zu, stellt sie jedoch Konstantinopel als gierige und machthungrige Karikatur der Kirche dar, findet sie sich selbst in einer Sackgasse wieder, denn nur ein Blinder könnte die wahren Priester, aufrichtigen Gläubigen und Heiligen übersehen, die diese Kirche bis heute hervorbringt, ganz zu schweigen von der reichen kirchlichen Kultur, deren Geringschätzung eine klägliche Verarmung bedeuten würde. Wie also lässt sich ein dritter, rechter Weg finden? Irgendwie, mit Hilfe des Heiligen Geistes und unseres Willens, müsste der Leib der Kirche (oder sein Löwenanteil) zeigen, dass die Politik der Unterwerfung und des Machtstrebens der Kirche fremd ist. Viele Male in der Geschichte der Kirche haben sich das orthodoxe Volk und das Mönchtum erfolgreich gegen die häretischen und oft politisch motivierten Handlungen ihrer Patriarchen gewehrt. Das Vorgehen des Patriarchen von Konstantinopel in der Ukraine und sein Druck auf andere Ortskirchen ruft bereits ernsthaften Widerstand hervor. Wir können hoffen, dass der Phanar früher oder später erkennen wird, dass er in eine Sackgasse geraten ist. Und wir sollten ernsthaft darüber nachdenken, wie wir aus dieser Sackgasse herauskommen.”
[1] Mönchspriester Nikodim (Khmyrov), Православная Церковь по обе стороны советской границы. Журнал РПЦЗ „Церковные ведомости“ 1922-1925 годы, St. Petersburg 2021.
[2] Определения Священного Собора Православной Российской Церкви. О полномочиях Членов Собора 1917-1918 г. 5 (18) Сентября 1918 г. // Cerkovnye Vedomosti 10/11 (1922), S. 7.
[3] Der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass das Moskauer Patriarchat sich leider dazu entschlossen hat, es den Griechen mit gleicher Münze heimzuzahlen, indem es ein Exarchat auf dem afrikanischen Kontinent gründete, was die Spaltung nur noch vertiefte.
[4] Послание Русского Заграничного Церковного Собора во Вселенский Патриархат // Cerkovnye Vedomosti 5 (1922), S. 4.
[5] Некоторые исторические справки о русском монастыре Св. Великомуч. Пантелеимона на св. Горе Афонской. (По документам, хранящимся в том же монастыре) // Cerkovnye Vedomosti 13/14 (1926), S. 10.
[6] Zeitung „Vozrozhdenie“ vom 7. August 1926, Zitat nach: Andrej Kostrjukov, Русское Церковное зарубежье и Вселенский Престол // Vladimir Vorob´ev (Hg.), Из истории взаимоотношений Русской и Константинопольской Церквей в XX веке, Moskau 2017, S. 259.
[7] Указ из Временного Архиерейского Синода Русской Православной Церкви заграницей // Cerkovnye Vedomosti 16/17 (1922), S. 2.
[8] Письмо митрополита Антония (Храповицкого) президенту Лозаннской Коференции // Cerkovnye Vedomosti 1/2 (1923), S. 1.
[9] A.a.O., S. 1-2.
[10] Грамота его Святейшества, святейшего патриарха Тихона Московского и всея России, высокопреосвященнейшему Николаю, митрополиту Кессарийскому, местоблюстителю престола вселенского патриарха от 12 (25) марта 1922 г. // Cerkovnye Vedomosti 4 (1922), S. 1-3.
[11] О „Вестнике Православной Митрополии“ в Польше // Cerkovnye Vedomosti 1/2 (1923), S. 8.
[12] Ebd.
[13] Церковная Хроника. О Польской Православной Церкви // Cerkovnye Vedomosti 9/10 (1923), S. 11.
[14] Церковная Хроника. О Польской Православной Церкви // Cerkovnye Vedomosti 9/10 (1923), S. 11-12.
[15] Церковная Хроника. Глава Православной Церкви в Чехословакии // Cerkovnye Vedomosti 7/8 (1923), S. 9.
[16] Церковная Хроника. Православная Церковь в Финляндии // Cerkovnye Vedomosti 19/20 (1923), S. 16. Herman Aav war Oberhaupt der Finnischen Kirche von 1925 bis 1965.
[17] Kostrjukov, Русское Церковное зарубежье, S. 266.
[18] Постановление Вселенского Патриархата по вопросу о суде над Святейшим Тихоном, Патриархом Московским и всея России // Cerkovnye Vedomosti 7/8 (1923), S. 1.
[19] Опровержение Константинопольского Патриархата // Cerkovnye Vedomosti 9/10 (1923), S. 11.
[20] Cerkovnye Vedomosti 15/16 (1923), Ss. 4.
[21] E. Makharoblidze, Благословиши венец лета благости Твоея, Господи. 1924 г. // Cerkovnye Vedomosti 1/2 (1924), S. 8-9.
[22] Aleksandr Mazyrin, Фанар и обновленчество против Русской Православной Церкви // Vladimir Vorob‘ev (Hg.), Из истории взаимоотношений Русской и Константинопольской Церквей в XX веке, Moskau 2017.
[23] Неслыханное насилие над Св. Патриархом Вселенским Мелетием // Cerkovnye Vedomosti 11/12 (1923), S. 10
[24] Metropolit Antonij (Khrapovickij), Друзья познаются в бедах и опасностях // Cerkovnye Vedomosti 1/2 (1923), S. 9.
[25] Ebd.
[26] За преданность – предательство // Cerkovnye Vedomosti 11/12 (1924), S. 8.
[27] Zeitung „Novoe vremja“, Ausgabe vom 18. Juni 1924, Zitat nach: Kostrjukov, Русское церковное зарубежье, S. 280.
[28] Kostrjukov, Русское церковное зарубежье, S. 286.
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